Aufsatz von Prof. Dr. Roman Seer in StuW 2/2021, S.111-130

Prof. Dr. Roman Seer

Das BVerfG hatte mit Urteil vom 17.12.2014 die Verschonung von Erbschaftssteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens in §§13a, 13b ErbStG angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Daraufhin hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Anpassung des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG vom 4.11.2016 die beanstandeten Vorschriften der §§13a, 13b ErbStG neugefasst, zusätzlich eine spezielle Regelung für sog Großerwerbe in §§13c, 28a ErbStG eingefügt und die Vorschriften des BewG über das vereinfachte Ertragswertverfahren durch Absenkung des Kapitalisierungsfaktors (§203 BewG) geändert.

Zwar ist die nicht nur rechtspolitische, sondern gerade auch verfassungsrechtliche Kritik an der Ausgestaltung des "Anpassungsgesetzes" während der Corona-Pandemie weitgehend verstummt. Die zu bewältigenden finanziellen Folgen der Pandemie mit den Milliardenbeträgen von staatlichen Unterstützungsleistungen sind so gewaltig, dass es offenbar kaum mehr wert erscheint, mit kleiner Münze um Gerechtigkeitsdefizite im Zusammenhang mit der erbschaftssteuerlichen Belastung/Verschonung von Unternehmensvermögen zu streiten. Allerdings pausieren die Maßstäbe des Verfassungsgerichts auch in Zeiten der Corona-Pandemie nicht. Zudem wird bei der bevorstehenden Bundestagswahl die Frage nach einer stärkeren Belastung von Vermögen und Erbschaften auf der steuerpolitischen Agenda stehen. Davon wird man Unternehmenserben nicht einfach ausklammern können. Deshalb macht es Sinn, die derzeit geltenden Regeln auf aktuellem Stand erneut verfassungsrechtlich zu vermessen.

Diese Vermessung nimmt der Autor in diesem Aufsatz vor.

powered by webEdition CMS